Kundgebung zur Situation im Gesundheitssektor in Sachsen-Anhalt

Am 23.10.21 fand in Magdeburg eine Kundgebung zur Situation im Gesundheitssektor in Sachsen-Anhalt statt.
Wir haben uns mit unserem Büchertisch und einem Redebeitrag beteiligt.
Den Aufruf findet ihr unter: mitmischen-md.de/2021/10/13/kundgebung-zur-situation-im-gesundheitssektor-in-sachsen-anhalt/

Es gab eine Ausstellung des Vereins „Pro Krankenhaus Havelberg“ und Beiträge unter anderem vom „Bündnis Gesundheit ohne Profite Halle“ und „Bündnis gegen Pflegenotstand Mansfeld-Südharz“ , die seit mehr als eineinhalb Jahren gegen den Pflegenotstand kämpfen.

Besonders freuen wir uns über die Grußworte des Pflegesyndikat der FAU Bern und der Unabhängigen Betriebsgruppe am Helios Amper Klinikum Dachau.

Grußwort Pflegesyndikat der FAU Bern findet ihr Hier.
Das Grußwort der Unabhängigen Betriebsgruppe am Helios Amper Klinikum Dachau findet ihr Hier.

Die Rede von Mitgliedern der FAU Magdeburg, die in der Gesundheitsbranche arbeiten, findet ihr Hier.

Es brennt in der Gesundheitsbranche!

Wir sind kritische Gesundheits- und Krankenpfleger:innen, die in der Freien Arbeiter:inne Union Magdeburg organisiert sind, um für besser Bedingungen zu Kämpfen.

Seit dem Beginn der aktuellen Pandemie ist der Pflegenotstand in aller Munde. Gezeigt werden Bilder von überlasteten Pflegenden und dramatische Überschriften, die uns zu Held:innen der Pandemie adeln oder auch als systemrelevant betiteln. Ebenso wird von der großen Belastung gesprochen, die wir tagtäglich erleben. Personalmangel und massiver Zeitdruck waren auch vor der Pandemie bereits trauriger Standard, auch wenn der „Pflegenotstand“ jetzt erst in aller Munde ist.

Gerade für uns Gesundheits- und Krankenpfleger:innen wächst die physische und psychische Belastung. Immer mehr Patienten:innen kommen auf immer weniger Personal. Immer mehr unserer Kolleg:innen machen diese Verhältnisse krank. Allein durch die Verkürzung der Ausgleichstage, durch die 14 Tage Arbeit, mit lediglich einem freien Tag dazwischen, keine Seltenheit mehr sind.

Die Krankheitsbedingten Ausfallzeiten werden z.B. im Magdeburger Uniklinikum durch uneingearbeitete externe Mitarbeitern:innen ausgeglichen.

Diese Quereinsteiger:innen oder auch Leiharbeiter:innen sind auch notwendig um den Mangel an Fachkräften auszugleichen. Aber unsere internen Kollegen:innen sind dadurch regelmäßiger Mehrbelastungen ausgesetzt, aufgrund von langjährigem Wissen, das sie Externen vermitteln und Kontrollfunktionen, die sie jenen gegenüber erfüllen müssen.

Im Zusammenhang mit besserer Vergütung und Dienstplangestaltung bei ähnlicher Belastung und Arbeitszeit, führt dies zu stetiger Frustration der Festangestellten. Insgesamt steigt der bürokratische Druck auf uns. Das wird besonders durch eine Steigerung der Dokumentation deutlich, die auch noch durch unterschiedliche Dokumentationsarten erschwert wird. Es kommt immer wieder zu Doppel- und Dreifacharbeit. Zeit, die aktiv an Patient:innen verloren geht.

Die Liegedauer wird ebenfalls immer mehr verkürzt, so ist eine menschenwürdige und nachhaltige Pflege nicht mehr möglich. Nur die Profitmaximierung steht im Vordergrund. Das gesamte System der Fallpauschalen fördert diese nur. Menschen werden dadurch zur Ware, dann zur Fallnummer und damit abkassiert. Die statistische Effizienz steht über allem. Die Patient:innen müssen nur fit gemacht werden, um wieder Lohnarbeit nachgehen zu können. Gesamtgesellschaftliche Verhältnisse und miese Arbeitsbedingungen, die auch Ursachen für Krankheiten sind, werden nicht beachtet. Es werden nur die Symptome bekämpft. Der Mensch als Ganzheitliches zählt schon lange nicht mehr.

Es gibt keine Wertschätzung und keinen Respekt gegenüber der geleisteten Arbeit, weder seitens der Öffentlichkeit, noch seitens des jeweiligen Klinikums. Immer noch wird leider zu wenig auf diese Missstände aufmerksam gemacht. Wir haben kaum die Möglichkeit für Mitbestimmung, um unsere Situation zu verbessern.

Wir müssen als Pflege solidarisch zusammenstehen. Wir dürfen uns nicht spalten lassen. Weder wegen unseres Abschlusses, noch aufgrund unserer Qualifikation oder auch „interner oder externer“ Mitarbeiter:innen. Wir sind tagtäglich aufeinander angewiesen und so sind wir es auch im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen. Die Solidarität darf nicht bei der Pflege als einzelne Berufsgruppe enden. Wir müssen uns im Betrieb mit den hauswirtschaftlichen Diensten und ALLEN anderen Lohnabhängigen zusammenschließen. Nur so bauen wir eine Gegenmacht zu den Profiteur:innen unserer Arbeit auf. Was im Betrieb gilt, gilt auch für uns als Ganzes, für uns als Klasse der Lohnabhängigen. Wir dürfen uns aufgrund von Rassismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit oder Bildungsstand nicht spalten lassen. Alle Kämpfe der unterdrückten Klassen ergänzen sich. Sie sind notwendig und sie sind die Kämpfe von uns allen. Organisieren wir uns; als Pflege und als Klasse, damit Menschen vor dem Profit stehen, für den Aufbau einer selbstbestimmten und solidarischen Welt!